Sie hätte zwar nicht alle Sechstklässler in ihrem Kleinwagen in ihre französische Heimat mitnehmen können, aber mit viel Charme und Verve vermittelte Amélie Gaime im Rahmen des Programms FranceMobil, das auf Einladung der Fachschaft Französisch schon häufig zu Gast an unserer Schule war, den Mädchen und Jungen der sechsten Klassen einen Hauch französischer Kultur und Sprache.

Noch nie gab es so viele Möglichkeiten für Jugendliche eine Auslandserfahrung zu machen. Doch trotz der zahlreichen Angebote im schulischen und außerschulischen Bereich werden viele junge Menschen nicht erreicht: Experten gehen davon aus, dass nicht einmal 10 Prozent der Jugendlichen in Deutschland an einer internationalen Begegnung teilnehmen. Häufig trauen sie sich und ihren Sprachfähigkeiten nicht oder sie hätten schlicht Angst vor der Fremde, so die Fachleute.
Einen Brückenschlag hin zu mehr sprachlich-kultureller Offenheit bildet hier das Programm FranceMobil, einer Initiative des Deutsch-Französischen Jugendwerks und des Institut français mit Unterstützung der Robert Bosch Stiftung. In den vergangenen 14 Jahren hat das Programm über eine Million Schüler an über 13.000 Schulen erreicht. Zwölf junge französische Lektoren besuchen mit ihren Renault Kangoos allgemein- und berufsbildende Schulen in ganz Deutschland, um den Jugendlichen ein modernes und zeitgemäßes Frankreichbild näher zu bringen. Zu ihnen gehört Amélie Gaime. Mit ihren gerade mal 25 Jahren agiert sie souverän und mit viel pädagogischem Geschick, so dass es ihr rasch gelingt, die Jugendlichen für sich zu gewinnen.
Mit im Gepäck hat die aus Clermont-Ferrand in der Auvergne stammende, junge Französin, die ein Studium der Literatur-, Sprach- und Kulturwissenschaft absolviert hat, eine Reihe von Lehrmaterialien, die die Schüler zum Mitmachen und zu kreativen Aktivitäten auffordern, wie Spiele, Musik, Filme oder multimediale Angebote – alles, was Spaß und neugierig macht. Der Besuch der Lektoren soll nicht nur zum Erlernen der französischen Sprache motivieren, sondern auch eine internationale Erfahrung in das persönliche Lebensumfeld junger Menschen bringen. So kann das Programm im Idealfall als Initialzündung wirken und das Interesse an einer eigenen Auslandserfahrung wecken.
Schließlich sind die Beziehungen zu unserem Nachbarn Frankreich seit dem 22. Januar 1963 besonders eng. Die Unterzeichnung des Élysée-Vertrags an diesem Tag vor über 50 Jahren wird als Geburtsstunde der deutsch-französischen Freundschaft gefeiert. Die Beziehung zwischen den beiden Ländern reicht jedoch viel weiter zurück. Es gab Kriege, es gab aber auch unzählige Franzosen, die in allen Epochen in Deutschland lebten und die neue Heimat prägten: von Hugenotten über Revolutionsflüchtlinge bis hin zu Besatzungssoldaten. Noch Ende des 18. Jahrhunderts war jeder zehnte Berliner ein Franzose.
Eltern gehen nicht selten auf die Barrikaden, wenn ihnen die Schule nicht spanisch genug vorkommt. Doch die deutschen Kultusminister setzen Französisch konsequent auf die Stundenpläne. Es müsse viel dafür getan werden, dass in Frankreich Deutsch und in Deutschland Französisch gelernt werde, mahnt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.
J. Vesper