Weltenbummler Josef Ufertinger, der derweil schon in den Vorbereitungen seiner Antarktis-Expedition im kommenden Winter steckt, konnte aus den Händen von Erdkunde-Fachschaftsleiterin Gaby Oswald-Müller eine Spende in Höhe von 280 Euro entgegennehmen, die seinem aktuellen Schulprojekt in Auroville zugutekommen soll. Seit der großen Tsunami-Katastrophe im Jahr 2005 ist der ehemalige Rektor der Freilassinger Grundschule, Josef Ufertinger, regelmäßig im Süden Indiens unterwegs, um verschiedene soziale Projekte wie Schulen oder Kindergärten auf die Beine zu stellen. Sein aktuelles Projekt: der Aufbau einer Schule für arme Kinder aus der Umgebung von Auroville. Die Schüler der siebten und achten Jahrgangsstufe an der Realschule im Rupertiwinkel verfolgten seinen Vortrag unmittelbar vor den Pfingstferien aufmerksam.

Auroville ist eine universelle Stadt, ein Schmelztiegel der Völker und Rassen. Nation, Geschlecht, Religion sollen im Zusammenleben der Menschen keine Rolle spielen. 1968 gegründet, hat die Stadt heute 2.500 Einwohner aus 49 Nationen. Auroville will nicht nur eine andere Gesellschaft ausprobieren, man ist auch architektonisch nach vorne geprescht. Symbol des Ortes ist das Matrimandir: ein Tempel in Form einer imposanten Kugel. Als Mittelpunkt des Ortes bildet er die Zone der Ruhe, des Friedens und der Meditation.
Der Impuls zu dieser Stadt kam in den 60er Jahren von einer Französin namens Mirra Alfassa, "Die Mutter" genannt. Sie wollte eine Stadt errichten, in der Männer und Frauen aller Länder in Frieden und Harmonie leben können. Jenseits aller Glaubensbekenntnisse, politischer Richtungen und Nationalitäten sollte menschliche Einheit entstehen. Im Februar 1968 versammelten sich 15.000 Menschen aus 124 Ländern auf dem Auroville-Plateau. Sie alle deponierten Erde aus ihrer Heimat in einem Gefäß, welches die globale Verbundenheit symbolisieren sollte.
Auf der Basis dieser neuen Gesellschaft entstand ein gänzlich neues Stadtbild. Es gibt ein futuristisches Rathaus, Schulen, kleine Firmen, Landwirtschaft und Tourismus. Jeder bezieht eine Art Grundeinkommen – zu wenig, um davon zu leben. Deshalb haben viele noch ein oder zwei zusätzliche Jobs
41 Jahre lang war Ufertinger im Schuldienst, heute rufen seine Vorträge, wie er sie regelmäßig vor Schulklassen hält, auch Erinnerungen an seine eigene pädagogische Tätigkeit wach. An die denkt er gern zurück. Und seine jungen Zuhörer folgen gebannt seinen Erzählungen und bestaunten die bunte Vielfalt der Bilderwelt, wie sie sie hier zu sehen bekommen. Die Männer tragen bunten Schmuck und die Frauen schwere Lasten auf ihren Köpfen.
Mit etwa 1,2 Milliarden Einwohnern ist Indien nach China der bevölkerungsreichste Staat der Erde. Zwei Drittel der Menschen in Indien leben in Armut: 68,8 % der indischen Bevölkerung müssen mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag auskommen, mehr als 800 Millionen Menschen gelten als arm.
Die meisten von ihnen leben auf dem Land und halten sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Der Mangel an existenzsichernden Arbeitsplätzen in ländlichen Gebieten treibt viele Inder in die rasant wachsenden Metropolen wie Bombay, Delhi, Bangalore oder Kalkutta. Dort erwartet die meisten von ihnen ein von Armut und Verzweiflung geprägtes Leben in den aus Millionen von Wellblechhütten bestehenden Mega-Slums, ohne ausreichende Trinkwasserversorgung, ohne Müllabfuhr und in vielen Fällen auch ohne Elektrizität. Die schlechten Hygienebedingungen sind Ursache für Krankheiten wie Cholera, Typhus und Ruhr, an denen vor allem Kinder leiden und sterben.
1,4 Millionen Kinder sterben in Indien jedes Jahr vor ihrem fünften Geburtstag. Neben Nigeria, Pakistan, der Demokratischen Republik Kongo und China zählt Indien damit zu den Ländern mit der höchsten Kindersterblichkeit überhaupt. Krankheiten wie Lungenentzündungen, Malaria und Durchfallerkrankungen sowie die chronische Unter- bzw. Mangelernährung gelten als häufigste Todesursachen.
Obwohl Kinderarbeit für unter 14-Jährige in Indien per Gesetz verboten ist, arbeiten nach offiziellen Angaben 12,5 Millionen Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren. Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass es in Wirklichkeit noch viel mehr sind: 65 Millionen Kinder zwischen 6 und 14 Jahren gehen nicht zur Schule, sondern tragen mit ihrer Arbeitskraft meistens zum Lebensunterhalt der Familien bei.
So arbeiten indische Kinder auf dem Feld, in Fabriken, in Steinbrüchen, in privaten Haushalten und in der Prostitution. Nach Angaben der UNICEF haben rund 25 % der Kinder in Indien keinen Zugang zu Bildung. Dabei liegt die Anzahl der vom Schulbesuch ausgeschlossenen Kinder bei den Mädchen höher als bei den Jungen. Obwohl Frauen und Männer nach dem indischen Gesetz gleichgestellt sind, gelten Mädchen und Frauen vor allem in den unteren sozialen Kasten als minderwertig und werden von ihren Vätern, Brüdern und Ehemännern unterdrückt.
J. Vesper