Erst einmal stellt sich die Fachschaft für Fotoaufnahmen zur Verfügung, die den beruflichen Alltag eines Deutschlehrers leicht verfälscht darstellen. Kernbestandteil seiner Lektüre sind nicht Zeitungen und Bücher, wie hier auf dem Foto zu sehen, sondern die Aufsätze seiner Schüler. Doch der Einsatz für das Fach lohnt sich. Während die MINT-Fächer hohes Ansehen genießen und die berufsbezogene und praktisch orientierte Ausbildung an bayerischen Realschulen bei Schülern und Eltern sich großer Beliebtheit erfreut, ist der besondere Stellenwert des Faches Deutsch ungebrochen.
Denn eine Schule sollte ihre Schüler nicht nur mit den für ihr künftiges Berufsleben nötigen Kompetenzen ausstatten, sondern sie auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung voranbringen. In diesem Zusammenhang gewinnt der Begriff der „Bildung“ an Bedeutung. Die Lehrerinnen und Lehrer der Fachschaft Deutsch stellen ihn in den Mittelpunkt ihrer Arbeit.
Der Gedanke, den Menschen ganzheitlich zu bilden, stammt von Wilhelm von Humboldt. Er war ein Gelehrter des 19. Jahrhunderts, der das preußische Bildungswesen neu organisierte. Er setzte das dreigliedrige Schulsystem in Gang. Bildung sollte den Menschen aus seiner Unmündigkeit und Abhängigkeit befreien. Die Humboldt’sche Bildung stellte die Ausbildung aller Fähigkeiten des Einzelnen in den Mittelpunkt. Sein Ziel war es, die Kinder „zu Menschen zu erziehen“.
Das Gegenteil des humanistisch, also ganzheitlich gebildeten Menschen ist der Fachidiot. Und der hat heutzutage nicht mal mehr in einer Fußballmannschaft einen Platz. Denn auch dort kommen nur noch Allrounder zum Zuge, also Spieler, die flexibel sind und sich auf vielen Positionen behaupten können.
In den Fachschaftssitzungen werden die Möglichkeiten besprochen und diskutiert, wie wir diesem Bildungsideal ein Stück näher kommen können. Und dabei spielt das gedruckte Wort, als spannende und informative Lektüre in festem Einband gestaltet, eine zentrale Rolle, auch wenn es im Zeitalter moderner Medien etwas antiquiert daherzukommen scheint: das Buch. Ob es neue Werke sind, die in Klassensätzen angeschafft werden, ob wir neue Duden brauchen, ob die Lesekoffer und der Bestand der Bücherei auf Vordermann gebracht werden müssen, ob jedes Klassenzimmer auch über genügend Sprachbücher verfügt, das alles nehmen wir in die Hand.
Auch die Zeitungen finden bei uns ihren Platz, nämlich in der Leseecke im Erdgeschoß. Eine weitere Rolle, wie könnte es anders sein, spielt auch das Theater. Unser Fachmann und Ansprechpartner ist dafür ist Herr Schinwald, der engen Kontakt zu den Salzburger Theaterhäusern unterhält und Tipps gibt, welche Stücke für welche Jahrgangsstufe geeignet sein könnten. Aber auch der Alltag kommt nicht zu kurz: Natürlich tauschen sich die Deutschlehrer untereinander aus, was den kreativen Umgang mit Literatur in unserem Unterricht betrifft.
„Deutschaufsatz – na ja, das sieht ja jeder Lehrer anders!“ Unsere Fachschaft hat sich neben dem ideellen Ziel einer ganzheitlichen Bildung unserer Schüler auch noch das Ziel gesetzt, mit diesem dummen Vorurteil aufzuräumen. Gleiche Schulaufgaben auf gleichem Niveau, Transparenz und ein einheitliches Vorgehen in der Lehrweise sollen helfen, dass dieser Satz endlich der Vergangenheit angehört. Dafür sind unzählige Besprechungen, Schulungen, Entwürfe und Verbesserungen nötig, bis alles so sitzt, wie wir es haben wollen.
Viele unserer Schüler, die in diesem Schuljahr ihre Abschlussprüfung machen werden, haben als Fünftklässler die Portfolioarbeit im Fach Deutsch kennen gelernt. Später konnten sie im Rahmen der Projektpräsentation ihr Wissen aus den unteren Klassen vertiefen, bis hin zu Lab2-Venture, das erstmals im letzten Schuljahr bei uns erfolgreich über die Bühne ging. Seinerzeit stand Homers „Odyssee“ auf dem Stundenplan der Fünftklässler, die unglaubliche Reise eines Helden aus der griechischen Sagenwelt. Auch Wilhelm von Humboldts humanistisches Bildungsideal gründete auf den antiken Sagen der Griechen.
C. Asen/ J. Vesper